„Wir sind für erneuerbare Energie. Aber Geothermie ist nicht die richtige Option für Flores. Es gibt andere Möglichkeiten wie Solar und Biomasse.“ Davon ist Budi Kleden überzeugt. Der Steyler Missionar ist seit 2024 Bischof der Diözese Ende auf Flores. Systematisch zählt er die Probleme auf, die sich aus seiner Sicht zeigen: Auf der von Hügeln geprägten Insel werde genau dort gebohrt, wo Reisanbau möglich sei. Dies nehme den Menschen nicht nur die tägliche Nahrung, sondern bedrohe auch ihre Existenz als Kleinbauern und damit soziale Strukturen. „Leben bedeutet Veränderung, aber die Veränderungen sind zu schnell für die Menschen.“ Besonders die Wasserproblematik bereitet ihm Sorge. „Die Bohrungen brauchen viel Wasser.“
Flores gehört zu den kleinen Sunda-Inseln und ist 63 km breit sowie 354 km lang. Mit rund 15.000 Quadratkilometern ist die Insel fast so groß ist wie Schleswig-Holstein oder auch Thüringen. Die 1,8 Millionen Einwohner sind überwiegend christlichen Glaubens. Viele von ihnen leben nach wie vor als Kleinbauern von dem, was sie selbst anbauen.
Die Regierung setzt voll auf Geothermie
Die indonesische Regierung setzt bereits seit vielen Jahren auf erneuerbare Energien aus Erdwärme. Entsprechend der nationalen Geothermie-Strategie von 2017 sollen die Kapazitäten bis 2038 massiv erweitert werden – auch auf Flores. Über die massiven Probleme und Sorgen der betroffenen Anwohner berichteten wir bereits im März. (alle Infos finden Sie hier: https://steyler-fair-invest.de/news/umstrittenes-umweltprojekt-so-unterstuetzen-wir-die-lokale-bevoelkerung/)
Um das Klima zu schützen, muss sich die Menschheit von fossilen Brennstoffen verabschieden – davon sind die Steyler Missionare überzeugt. Dennoch hat Bischof Kleden beobachtet, dass Geothermie-Projekte auf Flores zu viele negative Auswirkungen haben. Zwar profitierten die Familien, die ihr Land verkaufen. Die Folgen der Eingriffe in die Natur müssten aber alle Anwohner tragen.
In einigen Orten reißt der Boden auf
Die Liste der Vorwürfe ist lang. „In Nage ist wegen der Bohrungen der Erdboden aufgerissen. Viele Familien mussten wegen der Gräben evakuiert werden, auch der Friedhof war betroffen.“ In Sokoria wurden die lokalen indigenen Autoritäten sogar vom Militär unter Druck gesetzt. So sollten internationale Abkommen, die dem Schutz der indigenen Völker dienen, ausgehebelt werden. Seit 2016 verschlechtern sich in Sokoria die Ernten, berichtet Bischof Kleden, zudem ging das Grundwasser zurück. Die versprochene externe Wasserversorgung durch den Kraftwerksbetreiber, wurde nur für ein halbes Jahr aufrechterhalten.
Sehr kritisch sieht Budi Kleden auch die Situation in den Dörfern in Mataloko, das zu seinem Bistum gehört. Bereits 1998 begannen dort Probebohrungen. Seither wurden immer neue Versuche unternommen und verschiedene Herangehensweisen und Techniken erprobt. „Schon fast 30 Jahre lang werden diese Versuche gemacht, aber bis jetzt wird noch keine Elektrizität erzeugt. Und jetzt wollen sie neue Versuche machen, finanziert von der KfW. Die Menschen in Mataloko werden wie Versuchskaninchen behandelt“, empört sich der Steyler Missionar. „Wie lang sollen sie noch in Unsicherheit leben?“
Sorgen um die Ernte-Erträge
Wo auch immer auf Flores Geothermie-Projekte starten, vor allem in Mataloko, häufen sich Berichte über unkontrolliert austretende Gase, Ernteverluste und Probleme mit der Wasserversorgung. An einigen Orten rosten die Dächer der Wohnhäuser in Rekordzeit durch.
Auch in Mataloko gab es Unregelmäßigkeiten beim Zustimmungsprozess durch die indigene Bevölkerung. Nach Protesten muss die Zustimmung für das betroffene Geothermie-Projekt nun neu eingeholt werden. (Wir berichteten im März.)
Das Beispiel Mataloko zeigt, dass es möglich ist, Einfluss zu nehmen. Genau das ist aus Sicht des Bischofs dringend notwendig. „Durch das Kraftwerksprojekt in Mataloko ist die Bewässerung von 400 Hektar Reisfeldern gefährdet.“ Besonders bitter: Die Bewässerung wurde in den 60er-Jahren mit Hilfe der Steyler Missionare ermöglicht – finanziert durch deutsche Entwicklungshilfe.
Ist Solar die bessere Alternative?
Auf Bali setzt man mittlerweile vor allem auf Solar, erzählt Bischof Kleden. Hier hilft es sicher, dass die Insel ein beliebtes Touristenziel ist. Flores hat dagegen keine starke Lobby. Doch davon lassen sich die Steyler Missionare und die Ortskirche nicht abschrecken. Die sechs katholischen Bischöfe haben sich daher zusammengeschlossen und fordern in einem gemeinsamen öffentlichen Brief eine andere Energiepolitik für Flores. „Als Bischof und als Mitmensch musste ich mich zu Wort melden.“ Überall auf der Insel sind Priester und Gemeindemitglieder aktiv und versuchen Einfluss zu nehmen. Die Steyler Missionare, die seit vielen Jahrzehnten stark auf der Insel vertreten sind, nehmen hier eine tragende Rolle ein.
Die Steyler Ethik Bank hält Wertpapiere der KfW. Daher beobachten wir genau, was auf Flores geschieht, und stehen im Austausch mit der Entwicklungsbank. Als Nachhaltigkeitsbank sehen wir unsere Aufgabe in der Unterstützung der Steyler auf Flores. Auch deswegen haben wir uns gefreut, dass Vertreterinnen der KfW Bischof Kleden persönlich besuchten. „Das Gespräch mit der KfW hat mir sehr viel bedeutet“, sagt dieser. Eine wirkliche Lösung der Konflikte zeichnet sich für ihn aber nicht ab.
Tatsächlich ist die Situation nicht einfach. Ein Gedankenspiel: Würde die deutsche Entwicklungsbank ihre Finanzierung zurückziehen, stünden mit großer Wahrscheinlichkeit andere Geldgeber bereit, darunter chinesische Banken. Für die Menschen auf Flores wäre das sicher keine Verbesserung. Was also wünscht sich der Steyler Missionar? Wo sieht er einen Ausweg? „Ich würde mir wünschen, dass wie auf Bali sozial verträgliche Alternativen gesucht werden, auch von der KfW.“