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Mit ihren Verordnungen verändert die EU die Spielregeln auf dem Finanzmarkt. Das betrifft besonders die Kommunikation zur Nachhaltigkeit. Christoph Schmitt beschreibt, welch langer Anlauf nötig war, um den Umweltgedanken in der Finanzwirtschaft zu verankern.
Im Original sind es schwerfällige Namen: „Verordnung (EU) 2020/852 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2020 über die Einrichtung eines Rahmens zur Erleichterung nachhaltiger Investitionen und zur Änderung der Verordnung (EU) 2019/2088“ und „Verordnung über die Offenlegung von Informationen über nachhaltige Investitionen und Nachhaltigkeitsrisiken sowie zur Änderung der Richtlinie (EU) 2016/2341“.
Wesentlich geläufiger sind die Kurzbezeichnungen. Ja, man kann sogar sagen, dass die „Taxonomie-“ und die „Offenlegungs-Verordnung“ in der Finanzbranche derzeit in aller Munde sind: Denn sie verpflichten Anbieter von Investmentprodukten zur Transparenz in Sachen Nachhaltigkeit. Zum Wohle des Kunden, wenn es nach der EU geht.
Damit setzt sich der weltweite Trend zu nachhaltigen Geldanlagen weiter fort – besonders in Europa. Eine erhöhte Sorge um den Schutz von Menschen und Umwelt, insbesondere die Wahrnehmung des Klimawandels führen dazu. Ein wichtiger Treiber dieser Entwicklung sind sicherlich auch eben diese beiden EU-Verordnungen. Demnach müssen Finanzmarktakteure transparent ihre angewendeten Nachhaltigkeitskriterien und -risiken veröffentlichen.
Die beiden Verordnungen sind keineswegs vom Himmel gefallen. Tatsächlich reicht die Diskussion um Nachhaltigkeit und den Klimawandel viele Jahrzehnte zurück. Den Start markierte vor fast 50 Jahren die erste Konferenz der Vereinten Nationen über die Umwelt des Menschen in Stockholm im Jahr 1972.
In den folgenden Jahren setzen sich vermehrt Wissenschaftler mit der Thematik auseinander. So integrierte der Ökonom William D. Nordhaus den Klimawandel schon in den 1970er-Jahren in seine ökonomischen Modelle. Er regte dabei Kosten-Nutzen-Analysen zur Begrenzung einer globalen Erwärmung an. Damit lieferte er einen der Ausgangspunkte zur späteren Formulierung des klimapolitischen Zwei-Grad-Zieles. Zu dieser Zeit wurde er in der Breite kaum wahrgenommen, heute ist er ein Nobelpreisträger. 2018 erhielt er zusammen mit Paul M. Romer den Wirtschaftsnobelpreis für die "Integration des Klimawandels in die langfristige makroökonomische Analyse".
Es dauerte nach dem ersten UN-Umweltgipfel jedoch zunächst weitere 15 Jahre bis durch die UN-Weltkommission für Umwelt und Entwicklung mit dem Brundtland-Bericht 1987 ein nächster Meilenstein für die Nachhaltigkeitsdiskussion gelegt wurde. Der Brundtland-Bericht war die Grundlage für die UN-Konferenz über Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro 1992. Diese Konferenz war die Initialzündung für die heute bekannten Nachhaltigkeits- und Klimaziele. Der weitere Weg bestand aus den UN-Millenniums-Entwicklungszielen aus dem Jahr 2000 und dem Klimaabkommen von Paris 2016.
Das Pariser Klimaabkommen und die Agenda 2030 der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung bildeten wiederum die Grundlage für den Aktionsplan zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums, den die Europäische Kommission im März 2018 veröffentlichte. Darin kommt auch die Erkenntnis zum Ausdruck, dass die Staaten allein den ökologischen Wandel nicht stemmen werden.
Bedeutend für den Erfolg der nachhaltigen Entwicklung sind die Einbeziehung der Finanzwirtschaft und die Mitwirkung der privaten Haushalte. Zentrales Element des Aktionsplans ist demnach ein nachhaltiges Finanzwesen, welches umweltbezogene und soziale Erwägungen bei Investitionsentscheidungen und in der Anlageberatung berücksichtigt. Dies soll zu mehr Investitionen in längerfristige und nachhaltige Aktivitäten führen.
Nachhaltigkeit und der Übergang zu einer sicheren, klimaneutralen, klimaresilienten, ressourceneffizienteren und stärker kreislauforientierten Wirtschaft sind von zentraler Bedeutung für die Sicherung der langfristigen Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft in der Union. So ist es dem offiziellen Amtsblatt der Europäischen Union zu entnehmen. Mit der „Taxonomie-Verordnung“ werden erstmals Kriterien festgelegt, wann eine Wirtschaftstätigkeit als ökologisch nachhaltig gelten kann. Nachhaltig ist eine Investition demnach, wenn sie wesentlich dazu beiträgt, eines oder mehrere Umweltziele zu verwirklichen. Die sechs Umweltziele lauten Klimaschutz, Anpassung an den Klimawandel, nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen, Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft, Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung sowie Schutz gesunder Ökosysteme.
Jedes der Umweltziele wird von der Verordnung näher bestimmt. Beispielsweise wird der Klimaschutz definiert als "die Vorgehensweise, den Anstieg der durchschnittlichen Erdtemperatur deutlich unter 2 °C zu halten und Anstrengungen zu seiner Begrenzung auf 1,5 °C über dem vorindustriellen Niveau zu unternehmen, wie im Übereinkommen von Paris festgelegt".
Neben der Taxonomie, also der Ziel- und Begriffsdefinition, kommt nun auch die „Offenlegungs-Verordnung“ ins Spiel: Fortan müssen Finanzmarktteilnehmer und Finanzberater auf ihren Internetseiten Informationen zu ihren Strategien zur Einbeziehung von Nachhaltigkeitsrisiken bei ihren Investitionsentscheidungsprozessen bzw. Beratungstätigkeiten veröffentlichen. Hier geht es also um die Transparenz bezüglich des Unternehmens.
Auch zu den Finanzprodukten selbst gibt es umfangreiche Transparenzvorschriften, welche die jeweilige Nachhaltigkeits-Wirkung aufzeigen müssen. Dazu werden Finanzprodukte in drei Kategorien unterteilt: 1.) Finanzprodukte mit ESG-Strategie, also der systematischen Berücksichtigung von ökologischen oder sozialen Merkmalen, 2.) Finanzprodukte mit „Impact“, die direkt in Lösungen für ökologische und soziale Herausforderungen investieren und 3.) sonstige Finanzprodukte.
Erstere nennt man im neuen Sprachgebrauch nun Artikel 8-Fonds („hellgrüne“ Produkte) und zweitere Artikel 9-Fonds („dunkelgrüne“ Produkte), in Anlehnung an die Artikel der EU-Offenlegungsverordnung. Richtet sich ein Finanzprodukt nicht an den Vorgaben der EU aus, so muss dieses mit einem „Warnhinweis“ versehen werden: „Die diesem Finanzprodukt zugrunde liegenden Investitionen berücksichtigen nicht die EU-Kriterien für ökologisch nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten.“
Artikel 8-Fonds müssen ESG-Kriterien systematisch in die Anlageentscheidung einbeziehen. Zudem müssen sie transparent aufzeigen, wie die Nachhaltigkeitsstrategie laufend im Investment-Prozess umgesetzt wird und wie der Fonds dadurch ökologische und soziale Eigenschaften erreicht. Als gutes Beispiel dienen hier sämtliche Fonds der Steyler Fair Invest-Familie. Neben umfangreichen und strengen Ausschlusskriterien wird bei der Titelauswahl ein „Best-in-Class“-Verfahren verwendet, welches die jeweils führenden Unternehmen einer Branche auswählt.
In unserem nächsten Newsletter beschreiben wir Ihnen, was Artikel-9-Fonds ausmacht.
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